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"Einmal Missionar - immer Missionar"

Bruder Eberhard Gäbler

(aus der Zusammenstellung von Manfred Schütze, "Was Du ererbt von Deinen Vätern. . .")

Meinen Stand in der Kirche habe ich hervorragenden Männern in meiner Gemeinde Forst und im Distrikt Spreewald, später Dresden, zu verdanken, die mich befähigten, mich für den Fortschritt des Werkes unseres himmlischen Vaters einzusetzen. Die vorhergehende Generation hat die Grundlage für unsere spätere Arbeit meiner Heimatgemeinde haben durchgelegt. Die Ältesten vorbildlichen Einsatz in der Missionsarbeit uns ein Beispiel gegeben. Mit den Fahrrädern haben sie im Umkreis von 80-km missioniert.

Mein Vater war vom Zeitpunkt seiner Bekehrung im Jahre 1924 bis zu seinem letzten Atemzug ein eifriger Streiter für das Werk des Herrn. Mein Gemeindepräsident, Bruder Paul Schulze, hat mir als Jugendlichem viel Halt gegeben. Er wußte es vielleicht nicht, aber ich habe zu ihm aufgeschaut. Bruder Fritz Lehnig, Gemeindepräsident in Forst und später in Cottbus, danach Distriktspräsident des Distriktes Spreewald-Dresden, hatte großen Einfloß auf die Mission, aber auch auf mich persönlich. Er hat mir auch in persönlichen Unterredungen Richtung gegeben. Er hat mir als Kind meinen Priestertumssegen gegeben, in welchem er mir, den Aussagen meiner Eltern nach, verheißen hat, ein Führer in Israel zu sein. Entsprechend meinen Möglichkeiten habe ich versucht, ein guter Treuhänder zu sein:

Vor meiner Einberufung zur Wehrmacht war ich zuerst Sekretär in der Sonntagsschule und dann Ratgeber in derselben. Ende 1945 aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, berief man mich zum GFV-Leiter der neuorganisierten Gemeinde Forst.

Im Juni 1947 erging an mich der Ruf auf Mission. Ohne die geringste finanzielle Rücklage - wir waren Umsiedler aus dem Ostteil meiner Heimatstadt und hatten nicht mehr als das, was wir auf dem Leibe trugen; das wenige Geld, das ich verdiente, mußte für teure Lebensmittel ausgegeben werden war ich ohne Bedenken bereit, dem Ruf Folge zu leisten im festen Vertrauen, daß der Herr, wenn er mich braucht, auch unterhalten würde. Mein Glaube wurde nicht enttäuscht.

Reichlich 38 Monate konnte ich in der damaligen Ostdeutschen mission am Aufbau des Gottesreiches teilhaben. Am 9 Juni setzte mich Missionspräsident Walter Stover als Missionar ein, und Bruder Richard Ranglack ordinierte mich zum Ältesten. Der gleiche Missionspräsident sprach am 17.7.1950 meine ehrenvolle Entlassung aus, nachdem ich in folgenden Arbeitsfel dern gedient hatte: Erfurt, Gotha, Döbeln, Bernburg. Köthen, Aschersleben, Dessau-Delitsch und Naumburg. Die Nachkriegszeit stellte an uns Missionare eine Vielzahl von Aufgaben, die anders geartet waren als sonst Missionare zu erfüllen hatten.

Der Mangel an Nahrungsmitteln brachte es mit sich, daß die 'Mitglieder oft das Letzte, was sie im Hause hatten, mit uns teilten. Es war eine Zeit des dankbaren Gebens und Nehmens, und alle fühlten wir uns reichlich gesegnet.

Die Gemeinden, in die wir als Missionare berufen waren, waren in der Regel nicht allein 'lebensfähig'. Fast die gesamte Organisation und Verwaltung lag in den Händen der Missionare. Wir waren Gemeindepräsidenten, GFV-leiter, Sonntagsschulleiter, Primarvereinsbeamte, Lehrer in allen Organisationen und alles, was im Gemeindeleben so notwendig ist. Wir holten die Spenden des Wohlfahrtswerkes und nahmen die Verteilung derselben vor. Ich erinnere mich, mit dem Handwagen eine Tonne Heringe von Aschersleben nach Bernburg geholt zu haben. Trotz all dieser Gemeindearbeit kam die Missionsarbeit nicht zu kurz. Es wurden Sondergottesdienste, Hausversammlungen und unterhaltende Programme von uns durchgeführt. Zu keiner Zeit meines Lebens habe ich mit so vielen Freunden arbeiten können wie in den ersten Nachkriegsjahren während meiner Missionszeit.

Die Anwesenheit in den Versammlungen nahm rasch zu, und es gab auch vermehrt Taufen. Ich selbst habe fünfzehn Taufen während meiner Mission vollzogen und noch an vielen anderen mitgewirkt. Eine Aufgabe lag auch in der Betreuung der vielen Umsiedler aus den Ostgebieten, die vielfach weit verstreut auf den Dörfern untergebracht waren. Auch beim Ausheben der Baugrube in Berlin-Dahlem haben wir unseren Schweiß vergossen.

Es war eine Zeit, die uns ganz forderte und uns entsprechend unserem Einsatz den Geist des Herrn in reichem Maße verspüren ließ.

Zur Jahrhundertfeier der Wiederkehr der Ankunft der Pioniere im Salzseetal sind wir als Missionare sternförmig aus allen Teilen der mission nach Dresden gereist und haben in den auf unserem Weg liegenden Gemeinden und Gruppen in Gottesdiensten und Hausversammlungen das wiederhergestellte Evangelium verkündet.

Es war für mich der gewinnbringendste Teil meines Lebens. Mein Zeugnis ist gewachsen für weitere wichtige Aufgaben. Ich fand eine Frau, die mir treu zur Seite stand, als ich weitere Berufungen in der Kirche übernahm. So berief man.mich 1953, als Bruder Birth unser Distriktspräsident wurde, zu einem seiner Ratgeber. 1955 wurde Bruder Birth zum Missionsleiter für das Wohlfahrtswerk berufen, und ich wurde an seiner Stelle Distriktspräsident. Zum Distrikt Dresden gehörten die Gemeinden Bautzen, Bischofswerda, Dresden, Cottbus, Forst und Görlitz mit insgesamt ca. 8OO Mitgliedern.

12 Jahre lang, bis 1967, lag die Verantwortung für den, Distrikt Dresden auf meinen Schultern. Folgende Brüder halfen mir zu unterschiedlichen Zeiten als Ratgeber, diese Verantwortung zu tragen: Bruder Fritz Scherzer, Georg Dräger, Erhard Jelitto, Herbert Kaden, Reinhold Noack.

Meine Berufung zum Distriktspräsidenten erhielt ich, als ich 28 Jahre alt war. Mit meiner Frau hatten wir zu diesem Zeitpunkt zwei Kinder im Alter von zwei und einem Jahr, zu denen sich bald noch zwei weitere gesellten. Meine Frau wurde bei meiner Berufung als Distriktssekretärin eingesetzt.

Ich bin meinem himmlischen Vater sehr dankbar, daß er mich mit einer Frau gesegnet hat, die mir half durch volles Verständnis und Einsatzfreudigkeit, meine Aufgabe zu erfüllen. Über viele Jahre war sie Sonntag für Sonntag mit den Kindern allein und in vielen Ämtern der Gemeinde und des Distrikts stehend. Nur so war es mir möglich, meiner Berufung gerecht zu werden. Ich besuchte die Gemeinden die ersten zwei Jahre mit der Reichsbahn dann lange Jahren dem Motorrad und ein Jahr mit dem PKW. Mit der Bahn begann der Sonntag bereits in der vierten Stunde und endete oft erst gegen Mitternacht. Es war für mich eine Zeit großer Anstrengung, aber auch vieler Segnungen.Es wurden viele junge Geschwister auf Mission berufen die sie erfolgreich zum Fortschritt des Reiches Gottes und zu ihrem persönlichen Fortschritt erfüllten.

Im Gegensatz zur Zeit der sowjetischen Besatzungszone, wo uns oft in entgegenkommender Meise große Säle für Kirchenveranstaltungen zur Verfügung gestellt wurden (z.B. Leipziger Zoo-Säle), war unsere spätere Arbeit erschwert, indem die Gemeinden alle Gottesdienste bei den zuständigen Behörden melden mußten, verschiedentlich mit Angabe der Sprecher und der Themen, die abgehandelt werden sollten. Die Mitglieder waren sehr einsatzfreudig und willig, das Werk des Herrn zu unterstützen. Zu den Distriktskonferenzen war ein Großteil unserer Mitglieder anwesend.

Nach meiner Entlassung als Distriktspräsident im Jahre 1967 war ich dann in den verschiedensten Berufungen der Gemeinde und des Distriktes tätig. Nie gab es eine Zeit des 'Urlaubs' während meiner Kirchenmitgliedschaft.

Mit Gründung des Pfahles Leipzig-DDR wurde ich als Hoher Rat eingesetzt und einige Zeit danach zum Tempelarbeiter berufen. Ich fühle mich durch den Herrn gesegnet, ein Werkzeug in seinen Händen zu sein, um am Aufbau des Reiches Gottes teilzuhaben.